Eine Zahnbürste, die alles sieht
Mindestens zwei große Hersteller übertreffen sich mit Features zu einer smarten Zahnputz-Technologie. Gestürzt und ausgewertet wird das jeweils durch eine Smartphone App.
Ich stelle mir da die Frage, ob ich wirklich morgens mit meinem iPhone im Bad stehen will, und dieses dabei meine Putzbemühungen in alle Welt hinaus posaunt. So werden die Daten dann via Bluetooth an eine mobile App übertragen, die nach dem Bürsten als Dokumentation eine dreidimensionale Nachbürstenanalyse erstellt und Bereiche des Mundes empfiehlt, die auch „berührt“ werden sollten oder zusätzliche Aufmerksamkeit erfordern. Es gibt auch die Option, eine monatliche Übersicht der Putzmuster an den Zahnarzt zu schicken, um ihn über die Putzgewohnheiten zu informieren. Die Bürste warnt außerdem vor zu starkem Druck und schreibt alles in eine Datenbank, die sich mittlerweile auch nach Erstellen eines Nutzerkontos auf einem Server des Herstellers sichern lässt. Die Putzstatistik in der App soll langfristiges, gewissenhaftes Putzen fördern und Zahnfäule verringern.
Da genau liegt das Problem: wer macht was mit den Daten, und werde ich überhaupt noch befragt, wie sie genutzt werden, oder habe ich allem schon beim abnicken des kleingedruckten zugestimmt, um das Teil überhaupt benutzen zu können.
Wenn man die Begeisterung der Vertreter großer Konzerne zum Thema „Internet der Dinge“ verfolgt, dann kann ich oft gar nicht glauben, dass die gesagten Dinge wirklich ernst gemeint sind. All diese Daten, zusammen mit vielen anderen von Herstellern rund um Connected Devices, kommen aus der Amazon Web Services Cloud. Die Ära der IoT-fähigen Devices hat begonnen und die Hersteller möchten auf dem neuesten Stand sein, wenn es darum geht, Privat- und Geschäftskunden Zugang zu mehr Daten zu bieten, die dann hoffentlich dazu beitragen, dass die Patienten gesünder leben und die Maschinen reibungsloser laufen. So jedenfalls die bekundete Absicht der Hersteller.
Tatsächlich ist ein enormer Druck zu bemerken, und alle Hersteller haben Angst, Märkte zu verlieren, da werden persönliche Daten schnell mal zum Allgemeingut erklärt. Die meisten Unternehmen haben beschlossen, dass dies ein wesentlicher Kompetenzbereich sein wird. Sie wandeln sich von einem vorwiegend geräteorientierten Unternehmen zu einem Anbieter von Gesundheitstechnologie rund um Pflege und Service. Der schwierigste Teil des gesamten Prozesses ist aus Herstellersicht Sicht dabei, in dem hart umkämpften Markt in Führung zu bleiben. Konkret bedeutet dies, Mitarbeiter weiterzubilden, neue Angestellte zu werben und sie angemessen zu bezahlen.
Vielleicht werde ich für das Verständnis dieser Zusammenhänge so langsam auch zu alt, oder anders ausgedrückt: worin liegt meine persönliche Freiheit, wenn mir der Hersteller meiner Zahnbürste beim Zähneputzen zusieht?! (und die Bilder dann an die Krankenkasse verschickt)