Studiotechnik

Nagra 4.2

Ich habe als junger Mann dieses Gerät stundenlang auf der Schulter zu allen möglichen Drehorten für das Fernsehen als junger Tonstudio Praktikant getragen. Wie habe ich dieses Gerät geliebt! Hörte sich doch eine Aufnahme, nach vielen Experimenten mit Heim Geräten, zum ersten mal genau so an, wich ich es bei der Aufnahme gehört hatte. Kein Rauschen, kein Brummen, kein Leiern, ich dachte mir: es ist also doch möglich, eine Bandmaschine zu konstruieren, die wirkliche Aufnahmen macht – ohne das auf der Aufnahme etwas stört!

Wie man sehen kann, befindet sich rechts der zentrale Schalter für Aufnahme und Wiedergabe. Zum Aufnehmen muss dieser rechts herum gedreht werden, zur Wiedergabe der Aufnahme links herum. Wehe man dreht bei der Kontrolle aus Versehen (aus Gewohnheit) rechts herum, dann ist die Aufnahme futsch, und damit werden unter Umständen viele Meter kostbarer Film ebenfalls unbrauchbar, weil ohne Ton!

Zum Beweis habe ich gern den Line Ausgang mit einem simplen Kabel mit Bananen Steckern mit dem Line Eingang verbunden, und den Aufnahmepegel so eingestellt, dass sich die Aufnahme ständig ohne Aufschaukeln wiederholte, also gerade den gleichen Pegel hatte. Während bei Heim Geräten schon nach 3-4 Durchgängen ein kurzes Wort völlig unverständlich war, konnte ich bei der Nagra 100 Wiederholungen erzeugen, und das gesprochene Wort war immer noch verständlich. Das habe ich staunenden Kumpels damals gern vorgeführt.

Das Standard Mikrofon, und Problemlöser in allen Lagen, war das MKH146T – ja, richtig, mit Kleintuchel Anschluss. Dazu der passende Windschutz. Ich hatte immer eine Tasche mit allen möglichen Kabeln dabei, auch spezielle, um etwa im damaligen Bundestag in Bonn (ja richtig!) die Beschallungsanlage abgreifen zu können – ein eigenes Mikrofon durfte ich dort ja nicht aufstellen.

Der Standard Kopfhörer war der Beyer Dynamic DT48. Da rümpfen sicherlich viele die Nase – das Ding mit Aluminium Membran, aber er war niederohmig, konnte große Lautstärken produzieren, und schalldicht, was besonders in lauten Umgebungen sehr nützlich war, um wirklich die Kontrolle über die Aufnahme zu behalten. Ein Nachfolger dieses legendären Kopfhörers wird noch immer von Beyer produziert. Er ist so ein Urgestein wie das legendäre Mikrofon MD 421 von Sennheiser, was ebenfalls immer mit in der Tasche war. Die Nagra hatte drei Eingänge, die man mit den Stellern vorn pegeln konnte: 2 mal Mikrofon, wobei die Eingänge mit unterschiedlichen Modulen intern bestückt werden konnten, je nach Speisung des Mikrofons. Sehr verbreitet war zu dieser Zeit die Tonaderspeisung mit 12 Volt.

Wollte man ein drittes Mikrofon anschließen, so benötigte man von Sennheiser den CAT 15 Adapter. Der passte auf einer Seite an den Klein-Tuchel Line Eingang der Nagra, und hatte auf der anderen Seite den 3 Pol Klein-Tuchel mit Tonaderspeisung für das MKH 416.

Wie immer wurden über alle Aufnahmen ausführliche Tonberichte geschrieben, damit die Cautterinnen später am Schneidetisch die Aufnahmen zuordnen konnten.

Das wichtigste aber war die Aufnahme des sogenannten Pilottons, bei der Nagra als „Neopilot“ realisiert mit dem Pilotkopf, der um 90 Grad gedreht zur Tonspur schrieb, um Einstreuungen in die Tonspur zu vermeiden. Der Pilotton von 50 Hz. wurde entweder von der Filmkamera, ja so war das, generiert, und man benötigte eine Kabelverbindung zu Kamera, oder die Kamera lief mit einem quarzgesteuerten Motor sehr genau, und der Pilotton wurde in der Nagra mit einem Quarz Oszillator generiert. Der Pilotton diente dazu, den Gleichlauf von Bild und Ton beim späteren Schnitt sicherzustellen. Damit man den richtigen Bezug hatte, wurde vor jeder Szene eine „Klappe“ geschlagen. („Interview Scene 2 die Erste – patsch) Damit wurde beim Schnitt der Bezug hergestellt: Klappe geschlossen, Knall im Ton.

Ja, so war das, Videoaufzeichnung gab es zu der Zeit noch nicht. Für das Fernsehen war alles 16mm Film mit ARRI Oder Eclaire Kameras.